Die Sharing Economy hat den Mobilitätssektor in deutschen Städten grundlegend verändert. Was vor zwanzig Jahren mit einfachen Carsharing-Modellen begann, hat sich zu einem umfassenden Ökosystem geteilter Mobilitätsangebote entwickelt, das zunehmend elektrisch betrieben wird und die Art und Weise, wie Menschen sich in Städten fortbewegen, neu definiert.
Die Vielfalt der geteilten Mobilität in Deutschland
Deutsche Städte haben in den letzten Jahren eine beeindruckende Vielfalt an Sharing-Angeboten entwickelt:
- Stationsbasiertes Carsharing: Traditionsreiche Anbieter wie Stadtmobil und Cambio, die feste Stationen in Wohnvierteln betreiben
- Free-floating Carsharing: Flexible Systeme wie ShareNow, die das Abstellen der Fahrzeuge im gesamten Geschäftsgebiet ermöglichen
- Bikesharing: Öffentliche Fahrradverleihsysteme wie NextBike und Call a Bike
- E-Scooter-Sharing: Elektrische Tretroller von Anbietern wie Tier, Lime und Voi
- Ridesharing und Ridepooling: Dienste wie CleverShuttle und MOIA, die Fahrten bündeln
- Peer-to-Peer-Carsharing: Plattformen wie Snappcar, die private Fahrzeuge zur Miete anbieten
Diese Vielfalt ermöglicht es den Nutzern, für jede Situation das passende Verkehrsmittel zu wählen. Besonders in Großstädten wie Berlin, Hamburg und München ist die Dichte an Sharing-Angeboten beeindruckend: In zentralen Stadtteilen ist oft innerhalb weniger Minuten ein geteiltes Fahrzeug erreichbar.
Verkehrswende durch Sharing-Angebote
Studien zeigen, dass ein Carsharing-Fahrzeug bis zu 20 private PKWs ersetzen kann. In Deutschland trägt die zunehmende Verbreitung von Sharing-Angeboten bereits messbar zur Verkehrswende bei:
- Reduzierung des Fahrzeugbestands in Innenstädten
- Verringerung des Parkdrucks
- Kombination mit dem öffentlichen Nahverkehr für eine nahtlose Mobilitätskette
- Zugang zu Elektromobilität ohne hohe Anschaffungskosten
Besonders hervorzuheben ist der Effekt auf die Verkehrsmittelwahl: Nutzer von Sharing-Angeboten verwenden häufiger den öffentlichen Nahverkehr, gehen mehr zu Fuß und fahren öfter Rad, da sie für jede Strecke bewusst das optimale Verkehrsmittel wählen können.
Integration in das Mobilitätssystem
Deutsche Städte arbeiten verstärkt daran, Sharing-Angebote in das bestehende Mobilitätssystem zu integrieren:
- Mobilitätsstationen: In München, Hamburg und anderen Städten entstehen Knotenpunkte, an denen verschiedene Sharing-Angebote mit dem ÖPNV verknüpft werden
- Integrierte Apps: Plattformen wie die Jelbi-App in Berlin oder die Mobility Inside-Initiative ermöglichen die Planung, Buchung und Bezahlung verschiedener Verkehrsmittel aus einer Hand
- Tarifintegration: ÖPNV-Abonnenten erhalten zunehmend vergünstigten Zugang zu Sharing-Angeboten
- Spezielle Parkflächen: Reservierte Stellplätze für Carsharing-Fahrzeuge in zentralen Lagen
Die Stadt Karlsruhe ist hier ein Vorreiter mit einem besonders integrierten Ansatz: Durch das "regiomove"-Projekt werden verschiedene Mobilitätsangebote nahtlos miteinander verknüpft.
Elektrifizierung der Sharing-Flotten
Ein bedeutender Trend ist die zunehmende Elektrifizierung der Sharing-Flotten:
- Zahlreiche Carsharing-Anbieter stocken den Anteil elektrischer Fahrzeuge kontinuierlich auf
- E-Scooter und E-Bikes sind naturgemäß elektrisch betrieben
- Ridepooling-Dienste wie MOIA setzen in Hamburg und Hannover auf vollelektrische Kleinbusse
- Spezielle E-Carsharing-Anbieter wie WeShare betreiben rein elektrische Flotten
Dies trägt zur Reduktion von Emissionen und Lärmbelastung in den Städten bei und macht die E-Mobilität für eine breite Bevölkerungsschicht erfahrbar.
Herausforderungen und Lösungsansätze
Trotz aller Erfolge stehen Sharing-Konzepte vor Herausforderungen:
- Flächenkonkurrenz: E-Scooter wurden zunächst kritisch gesehen, inzwischen wurden in vielen Städten Abstellzonen eingerichtet
- Soziale Gerechtigkeit: Sharing-Angebote konzentrieren sich oft auf wohlhabende Innenstadtviertel
- Wirtschaftlichkeit: Viele Anbieter kämpfen noch um ein tragfähiges Geschäftsmodell
- Nutzerverhalten: Falsch abgestellte Fahrzeuge und unsachgemäße Nutzung
Deutsche Städte reagieren mit einer Mischung aus Regulierung und Förderung: Klare Regeln für Anbieter, Ausweitung der Geschäftsgebiete in Randlagen und Integration in bestehende Verkehrskonzepte.
Ausblick: Die Zukunft der geteilten Mobilität
Für die Zukunft zeichnen sich mehrere Trends ab:
- Weitere Elektrifizierung der Flotten
- Noch stärkere Integration in multimodale Mobilitätsplattformen
- Autonome Sharing-Fahrzeuge, die selbstständig zum Nutzer fahren
- Ausweitung der Angebote in suburbane und ländliche Räume
Geteilte Mobilität wird in deutschen Städten weiter an Bedeutung gewinnen und zu einem zentralen Baustein nachhaltiger Verkehrskonzepte werden. Mit ihrer Kombination aus Technologieaffinität, Umweltbewusstsein und pragmatischem Regulierungsansatz sind deutsche Städte gut positioniert, um bei dieser Entwicklung eine führende Rolle einzunehmen.